Alexithymie: Ein kontroverses, aber hilfreiches Konzept zum Verständnis psychosomatischer Störungen

Leitung: Dr. med. Thomas Cotar

Das Begriff der Alexithymie, der die Schwierigkeit bezeichnet, Gefühle wahrzunehmen und mitzuteilen, führte in den 1970er Jahren zu grosser Aufmerksamkeit, weil damit nach Freuds Konversionsmodell und Alexanders Lehre von spezifischen Konflikten erstmals wieder ein Modell auftauchte, das psychosomatische Störungen zu erklären schien.

Heute wird der Begriff aus psychoanalytischer Sicht v.a. als Defizitphänomen ausgelegt, bei dem die Fähigkeit zur Affektregulation defizitär eingeschränkt sei, was die Entstehung psychosomatischer Leiden begünstige. Diese Auffassung blieb allerdings auch unter Psychoanalytikern nicht unwidersprochen.

Aus einer daseinsanalytischen Perspektive in der Konzeption von Alice Holzhey werden psychosomatische Leiden nicht als Folge eines Mangels an psychischen Fähigkeiten verstanden, sondern im Gegenteil als zu tiefe Einsicht in überfordernde Grundbedingungen menschlicher Existenz, die zur seelischen Entlastung an den Leib delegiert werden. In dieser Sichtweise lässt sich auch die Alexithymie nicht einfach als Defizit der Gefühlswahrnehmung verstehen, sondern als eine besondere Form der Abkehr vor angstmachenden Grundtatsachen menschlichen Lebens, für die eine besondere Hellhörigkeit besteht. Damit wird nicht nur durch die Delegation der menschlichen Problematik an den Leib, sondern auch durch die mangelnde Gefühlswahrnehmung eine Distanz zum seelischen Leiden hergestellt und somit eine doppelte Entlastung erreicht.

Anhand von Texten und Fallbeispielen werden wir uns ein daseinsanalytisches Verständnis von Alexithymie am Beispiel psychosomatischen Leidens erarbeiten. 

 

Anmeldung: tcotar@hin.ch

Ort: Daseinsanalytisches Seminar, Gemeinschaftspraxis Sonneggstrasse 82, 8006 Zürich,
Tram 7 und 15, Haltestelle Sonneggstrasse.

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