In welcher Absicht wir verzweifelt handeln und worüber wir verzweifelt sind. Zur Dynamik von adverbialer und adjektivischer Verzweiflung anhand von Beispielen aus der therapeutischen Praxis

Leitung: Dr. Alice Holzhey-Kunz

Verzweiflung ist in seiner Doppeldeutigkeit ein Grundbegriff von Kierkegaards christlicher Anthropologie. In einer säkularen Anthropologie lässt sich seine These, wonach jeder, der verzweifelt anders sein will als er in Wahrheit ist, sich immer auch im Zustand des Verzweifelt-seins befindet, nicht mehr halten. Während für den Christen Kierkegaard jeder, der den Sprung in den Glauben nicht vollzieht, verzweifelt ist, ob er es weiss oder nicht, kann in säkularer Perspektive jemand nur dann als «verzweifelt» gelten, wenn er von sich selber sagt, er sei verzweifelt, weil er sich verzweifelt fühlt.

Dank unserer säkularen Auffassung von Kierkegaards Konzept der doppelten Verzweiflung erhalten sowohl die adverbiale wie die adjektivische Form der Verzweiflung eine wichtige Bedeutung im Rahmen unseres existenzial-ontologischen Verstehens seelischen Leidens. In dem am 22. Juni stattfindenden zweiten Seminar über Verzweiflung wollen wir uns auf dieses Thema beschränken. Es geht darum zu klären, welche je verschiedene Bedeutung (oder Funktion) beide Formen der Verzweiflung in einer existenzial-hermeneutischen Psychopathologie haben.

An konkreten Fallbeispielen wollen wir uns fragen, wie das aktiv verzweifelte Wollen und das passiv depressive Verzweifelt-sein sich zueinander verhalten: a) schliessen sie sich gegenseitig aus oder zeigt sich meist ein dynamisches Hin und Her zwischen beiden? b) ist nur das verzweifelte Wollen von einem illusionären ontologischen Wunsch geleitet oder auch das Verzweifelt-sein?

Ich habe im Sinn, selber mit einem Beispiel zu beginnen, weil mir ein Handout dazu aus einem Seminar vom Mai 2017 wieder in die Hände gefallen ist. Es macht bewusst, dass jede Interpretation, auch jene zur Verzweiflung, immer nur eine vorläufige Hypothese ist, und wir für Überraschungen immer offen bleiben müssen. Dann erhoffe ich mir Beispiele von euch, die uns ermöglichen, gemeinsam zu fragen, welche besondere Hellhörigkeit in diesem Beispiel sei es mit welchem verzweifelten Handeln und/oder einem Verzweifelt-sein beantwortet wird. Wer ein solches Beispiel vortragen möchte, bitte ich, sich vorgängig bei mir zu melden.

Anmeldung: alice.holzhey@bluewin.ch

Ort: Sonneggstrasse 82, 8006 Zürich

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