Selbstsorge: Resignativer Rückzug ins "gute Leben" oder letzte List der politischen Vernunft?
Die "Sorge um sich selber" (epimeleia heautou) gehört zur Ethik des guten Lebens, wie sie bei Platon, im Hellenismus und bis in die Philosophie der ersten Jahrhunderte nach Christus entworfen und diskutiert wurde. Auf dieses Erbe bezog sich Michel Foucault in seinen letzten Lebensjahren mit dem dritten Teil seiner "Histoire de la sexualité", der unter dem Titel Le souci de soi im Jahr seines Todes (1984) erschien, aber auch in den letzten Vorlesungen am Collège de France (zur "Hermeneutik des Subjekts" und zur "Regierung des Selbst und der anderen").
Foucaults Philosophie der Selbstsorge ist vor allem als "Lebenskunst" und "Ästhetik der Existenz" stark rezipiert worden, also im Sinne einer therapeutischen Philosophie, die sich wie einst Epikur mit seinen Schülern aus der politischen Diskussion in den privaten "Garten der Freude" zurückzieht.
Ich möchte in meinem Vortrag folgenden Fragen nachgehen:
- Wie denkt und entwickelt Foucault die Selbstsorge als Selbsttechnik?
- Welche Rolle spielt dabei das Verhältnis von Wissen und Leben von Wahrheit und Praxis?
- Ist Foucaults Beschäftigung mit dem Selbst innerhalb seines Werks Bruch oder Kontinuität? Will heissen: Ist der "souci de soi" eine Abkehr von der politisch engagierten Kritik des Subjektkonzepts und dem Anspruch, die Analyse der Beziehungen zwischen Wissen, Macht und Diskurs könnte den Widerstand gegen vorhandene Machtverhältnisse befördern? Oder ist er gerade der konsequente Ausweg aus der unhintergehbaren Dialektik der Macht?