Der Gottesgesichtspunkt-ein blinder Fleck der Objektivität

Öffentliche Abendveranstaltungen

Leitthema: Der Absolutismus der Wirklichkeit

Die Veranstaltungen werden gemeinsam mit dem entresol durchgeführt

Eintritt  Die Vorträge sind für Mitglieder der GAD und des entresol sowie für Studierende gratis. Nichtmitglieder zahlen Fr. 20.- 

Donnerstag 7. November 2019 20.00 – 21.30

Ort: Zentrum Karl der Grosse, Barock-Zimmer

 

Dr. phil. Eduard Kaeser

Der Absolutismus der Wirklichkeit manifestiert sich unter anderem auch als erkenntnistheoretischer Gesichtspunkt, der sich anmasst, die Welt zu sehen, „wie sie ist“. Traditionell verband man diese Sicht mit einem alles beobachtenden Wesen: Gott. Dieser Gottesgesichtspunkt wurde zunehmend enttheologisiert und etablierte sich vor allem in den exakt-experimentellen Naturwissenschaften als Anspruch auf die Vorherrschaft objektiven Wissens. Ein solcher absolutistischer Anspruch hielt vor bis ins späte 20. Jahrhundert, als postmoderne Denker seine philosophische Basis in Zweifel zogen. Mit Recht monierten sie, dass der sogenannte Realismus nie „roh“, sondern immer schon kulturell „gekocht“, also durch bestimmte Voreingenommenheiten präformiert ist. Der Überschwang dieser Kritik am Absolutismus der Wirklichkeit schlug freilich um ins andere Extrem eines Relativismus, der die Idee einer gemeinsamen und verbindlichen Wirklichkeit radikal in Zweifel zog.

Heute stellt sich die Frage nach einem Weg zwischen den beiden Extremen - also, wie wir uns als Subjekte in das objektive Weltbild integrieren; wie wir Objektivität ohne Gottesgesichtspunkt auffassen können. Denn er hat einen blinden Fleck. Er ist das Resultat einer Denksäuberung, die alles Ungewisse, Subjektive, Sinnlich-Körperliche, Emotionale – sagen wir: alles menschlich „Kontaminierte“ im Endeffekt ausblendet. Die Frage zielt darauf ab, Objektivität anthropologisch, vom Menschenmöglichen her zu verstehen, von den Fähigkeiten, uns sukzessive vom eigenen „subjektiven“ Gesichtspunkt zu distanzieren, ohne die Verbindung abreissen zu lassen. Das Risiko besteht immer, dass die wissenschaftliche Distanzierung die Rissgrenze überschreitet, jenseits derer wir die Wirklichkeit zwar objektiv erkennen, aber keinen Sinn mehr darin finden. Genau in diesem Moment verkehrt sich Objektivität in Absurdität.

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