Die Grundregel der Psychoanalyse im Fokus der Freiheitsfrage
Die Grundregel der Psychoanalyse im Fokus der Freiheitsfrage
Vortrag von Dr. phil. Peter Widmer, Psychoanalytiker
Die Frage nach der Freiheit führt zu unterschiedlichen Antworten, teilweise bedingt durch die vielen Perspektiven, unter denen sie angegangen werden kann – kulturelle, psychologische, philosophische, die mit empirischen oder rein denkerischen Mitteln, mit Statistiken, Gesprächen oder Reflexionen angegangen werden.
Die Grundregel der Psychoanalyse, die den Analysanden auffordert, seine Einfälle ohne Rücksicht auf Konventionen zu artikulieren, stellt ein interessantes Studienobjekt für die Freiheitsfrage dar, denn einerseits wird sie mit dem freien Assoziieren gleichgesetzt, andererseits behauptet ihr Begründer, Sigmund Freud, das seelische Geschehen sei vom Unbewussten, von Triebkonstellationen determiniert, die im Ödipuskomplex ihren Ausdruck finden, psychische Freiheit sei deshalb eine Illusion.
Will man sich nicht mit dem Urteil begnügen, das sei doch widersprüchlich und lohne eine weitere Beschäftigung nicht, so gilt es, zunächst zur Kenntnis zu nehmen, dass Freud diese Widersprüchlichkeit nicht fremd war, was aber für ihn kein Grund war, eine der beiden Seiten als unhaltbar zu erklären.
In einem ersten Schritt gehen wir dem nach, zu was für Resultaten das Befolgen der Grundregel geführt hat, was nur summarisch geschehen kann. Daran schliesst sich an, wie Freud in seinen metapsychologischen Aussagen darüber urteilt.
Im zweiten Teil machen wir diesen Parcours noch einmal, aber mit einer anderen Ausgangslage: Wir gehen davon aus, dass die Grundregel auf Sprache verweist, genauer: auf das Sprechen. Dementsprechend stellt sich die Frage, was das Sprechen mit der Freiheit zu tun hat? Sind wir, wenn wir unsere Einfälle artikulieren, frei oder eben nicht frei, determiniert von unbewussten Konflikten, deren Aufdecken zeigt, dass psychische Freiheit eine Illusion ist?
Auch dazu ist eine Reflexion nötig, welche Auffassung der Sprache verwendet wird, ob die Wörter und Sätze die einzigen Wirkfaktoren im Sprechen sind, oder ob es auch solche gibt, welche die Sprache und das Sprechen beeinflussen.
Am Ende zeigt sich, dass die Frage nach der Freiheit eine überraschende Wende erfährt, weil die Antwort schon in der Frage beschlossen ist.
Zeit: Donnerstag 4. April 2024, 20:00-21:30 Uhr
Ort: Restaurant Weisser Wind, Weggenstube, Oberdorfstrasse 20, 8001 Zürich
Eintritt: Fr. 20.- / frei für Studierende sowie GAD-Mitglieder